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Mit viel Weitsicht Ideen verwirklichen

Kaisersesch präsentierte sich beim bundesweiten 5. Tag der Städtebauförderung/ AM WOCHENENDE sprach mit Stadtplaner Jürgen Sommer

Kaisersesch. -ekl- Anhand der reich bebilderten Fotowand auf dem fertig gestalteten Zentralplatz ließen sich alle Entwicklungsschritte der Stadt nachvollziehen. Anschauliche Erläuterungen dazu, sowie zu den Ergebnisse des Ideenwettbewerbs „Umgestaltung Umfeld Alter Turm“ erhielten zahlreiche Besucher durch den Städtebauplaner Dipl.-Ing. Jürgen Sommer (Foto). „Am Wochenende“ hatte Gelegenheit mit ihm zu sprechen und viele Einzelheiten zu erfahren.

AM WOCHENENDE: Herr Sommer, wir dürfen Sie bereits zum 5. Mal in Kaisersesch zum Tag der Städtebauförderung begrüßen. Offenbar gefällt Ihnen unsere „kleine Stadt, die alles hat“.

Jürgen Sommer: Es ist sicher niemandem verborgen geblieben, dass mir die Entwicklung dieser Stadt besonders am Herzen liegt. Nachdem ich nun schon seit fast 20 Jahren an der städtebaulichen Entwicklung mitarbeiten darf, ist es für mich eine große Freude in der letzten Phase die Stadtsanierung noch begleiten zu dürfen. Doch lassen Sie mich vorweg sagen, dass dies nur möglich wurde in einem Team von Bürgermeistern, die bereit waren Verantwortung zu tragen, einer Verwaltung, die stets fachkompetent die Maßnahmen begleitet hat und einem Rat, der mit Weitsicht bereit war, die vorgeschlagenen Ideen in der Wirklichkeit umzusetzen.

Wo sehen Sie das Potential der Stadt?

Jürgen Sommer: Das Potential dieser liebenswerten Kleinstadt ist diese gesunde Mischung aus „alt“ und „neu“. Hier hat man versucht den Charakter der Stadt insbesondere im historischen Teil zu bewahren - nicht konservatorisch, sondern lebendig. Viele alte Gebäude wurden erhalten, durchgreifend modernisiert und dienen heute wieder jungen Menschen zum Wohnen. Aber auch alte, unbrauchbare Bausubstanz wurde abgebrochen und es wurde teilweise wieder Luft, Licht und Sonne in den eng bebauten Kern gebracht. Gleichzeitig aber hat man den Anforderungen an die heutige Zeit Rechnung getragen. Man hat versucht die Märkte nah an den Stadtkern zu bringen, man hat die Möglichkeit von neuen Bauplätzen geschaffen und man hat die Nahtstellen zwischen Historie und Moderne ganz geschickt entwickelt. Der Verkehr hat nicht das Übergewicht bekommen, sondern ist, soweit es möglich war, verträglich integriert worden.

Was hatten Sie 2015 bei den ersten Überlegungen zur Förderung für Ideen, wie das Geld gut angelegt sein könnte?

Jürgen Sommer: Nun ja. Die Stadtsanierung ist Gott sei Dank keine spontane Idee sondern ein langfristig angelegte Entwicklungskonzeption, die bereits im Jahr 2000 die Konturen vorgezeichnet hat. Dem Land Rheinland Pfalz muss man ganz besonders danken, dass das Programm der Stadtsanierung mittelfristig angelegt ist und somit dem kurzlebigen politischen Tagesgeschäft entzogen wurde. Somit sind die Grundzüge in der sogenannten KOFI - Kosten und Finanzierungsübersicht der Stadt bereits verankert. Konkret haben wir seit 2015 einige Projekte im öffentlichen Bereich in die Endphase gebracht. Das waren insbesondere die Maßnahmen am historischen Ortsmittelpunkt durch den Erwerb und den Abbruch des Hauses Zonenberg und die Maßnahmen am Zentralplatz durch den Erwerb der Gebäude Schneider und Welling und die damit verbundene Chance der Öffnung des Pommerbaches und die Gestaltung der Bachaue mitten in der Stadt.

Was davon ist Realität geworden?

Jürgen Sommer: Es ist in der Stadt bereits sichtbar, dass an der Kirche der Platz eine Erweiterung erfährt. Dabei werden Stellplätze entstehen, eine öffentliche WC Anlage wird gebaut und vor allem wird der Platz noch mehr Raum für öffentliche Aktivitäten haben. Ich denke dabei besonders an die Theatergruppe, die Märkte und noch soviel mehr was dieser Stadt ein Alleinstellungsmerkmal verleiht. Aber auch der Bereich um den Zentralplatz wird noch in diesem Jahr vollendet. Hier haben wir ein besonderes Beispiel der modernen Stadtentwicklung. Mit Weitsicht hat man dem Individualverkehr seine Dominanz zu Gunsten der Aufenthaltsqualität von Menschen genommen. Der ehemalige Parkplatz wurde vergrößert, aber an den Rand gedrängt. An Stelle des ungeordneten Parkens entstand ein Stadtplatz mit Brunnen, Bänken und einer angenehmen, gestalteten Atmosphäre. Schauen Sie sich in den Sommermonaten diesen Bereich einmal an. Gleichzeitig aber haben wir nicht vergessen, dass einmal der Pommerbach mitten durch die Stadt floss. Das konnten wir wieder aktivieren. Zusammen mit einer Grünzone, mit Wildblumenwiese ist ein Stück Natur zurückgeholt werden in den Stadtkern. Gleichzeitig entsteht dabei ein gesicherter Fußweg zu den Schulen.

Was bleibt noch wünschenswert? Wie sehen die kommenden Projekte aus?

Jürgen Sommer: Die Zeit ist knapp und nach fast 20 Jahren sagt das Land mit Recht, dass die Stadt so allmählich zum Ende kommen muss. Deshalb bekommen wir letztmalig im Jahr 2019 Fördermittel. Damit wollen wir im historischen Bereich der Stadt unser letztes Relikt der Stadtmauer - den runden Turm wieder ins Blickfeld rücken. Zusammen mit der Denkmalpflege hat die Stadt einen kleinen Wettbewerb ausgelobt, um Ideen für die Gestaltung des Platzes und die Zugänglichkeit des Turmes zu bekommen. Heute sehen wir erstmals die Ergebnisse und die Bürger sind aufgerufen Ihre Meinung zu diesen Ideen zu äußern. Erst danach wird der Rat seine Entscheidung treffen. Natürlich steht auf unserer Agenda nach wie vor die Entwicklung der Stadtbild prägenden Häuser Ungers und Niederelz in der Koblenzer Straße. Eine fast unendliche Geschichte, bei der sich nun so allmählich ein Silberstreifen am Horizont zeigt.

In welchem Verhältnis stehen die privaten Modernisierungsmaßnahmen, die noch 2015 Schwerpunktthema waren, zu den städtischen Maßnahmen, wie der Gestaltung des historischen Ortskerns, der abgeschlossenen Neugestaltung des Zentralplatzes und den derzeitigen Arbeiten zur Entstehung der Pommerbach Auen?

Jürgen Sommer: Private Modernisierungen sind das zweite Standbein unserer Stadtentwicklung. Im Gegensatz zu den öffentlichen Bereichen ist es wichtig jeden einzelnen Bürger davon zu überzeugen, dass alte Bausubstanz es Wert ist zu erhalten. Damit prägen wir die Identität einer Stadt und machen sie gleichzeitig wieder bewohnbar für die Menschen. Wie aber jeder weiß, ist die Modernisierung nicht unbedingt günstiger als der Neubau. Deshalb wird von städtischer Seite eine Anreizförderung durch Zuschüsse und erhöhte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten angeboten. Immerhin haben wir es erreicht, dass im Verlauf der letzten Jahre 36 private Maßnahmen auf unserer Liste stehen, wovon bereit 25 Maßnahmen umgesetzt und abgerechnet sind.

Die Zahlen des Gesamthaushaltes der Stadt, Steuereinnahmen und die geplanten Investitionssummen sind insgesamt gesehen recht verwirrend. Können Sie uns in knapp und verständlich sagen, wieviel Euro sich in diesem Jahr im Förder-Topf der Stadtkernsanierung befinden, wie groß die Landeszuschüsse sind und wie hoch der Kostenanteil der Stadt ist?

Jürgen Sommer: Ich hatte Ihnen bereits dargelegt, dass unser Sanierungsprogramm über eine mittelfristige Kosten- und Finanzierungsübersicht gesteuert wird. Dabei werden der Stadt vom Land jährlich gewisse Förderkontingente zugewiesen. Diese werden allerdings je nach Haushaltslage des Landes auf 3 bis 4 Jahre aufgeteilt. Im Jahr 2019 haben wir eine Zuteilung des Landes von € 450.000 in Aussicht gestellt bekommen. Dazu muss die Stadt einen Eigenanteil von 25% zusätzlich erbringen. Das bedeutet, dass wir in 2019 letztmalig noch ca. € 506.000 zur Verfügung haben.

Insgesamt hat die Stadtsanierung in den letzten knapp 20 Jahren 6,57 Mio € umgesetzt. Davon haben Bund und Land 4,62 Mio € beigetragen, wobei die Stadt 1,95 Mio € aufbringen musste. Das bedeutet, dass im Durchschnitt jedes Jahr ca. 350.000 € im Stadtkern investiert wurden.

Kaisersesch ist ein Musterbeispiel dafür, wie gelungene Städtebauförderung funktioniert.

Das Gespräch führte Edith Klasen.

Cochem-Zell AW vom Samstag, 18. Mai 2019, Seite 3 (49 Views)

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