Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil des Klosters
AM WOCHENENDE im Gespräch mit Prior-Administrator Pater Andreas
MARIA LAACH. Die Benediktinerabtei Maria Laach gehört zu den bekanntesten Klöstern in ganz Deutschland, leider, so die Meinung vieler Freunde und Gönner, seit fünf Jahren ohne „eigenen“ Abt. Mit Spannung sieht man nun dem Montag, 6. Mai, entgegen, denn da steht ein wegweisender Tag für die Klosterbrüder, Mitarbeiter und alle mit dem Kloster verbundene Menschen an: Ein neuer Abt soll gewählt werden.
Bis morgen, 28. April, leitet Prior-Administrator Pater Andreas Werner noch die Geschicke in Maria Laach, dann wird er diesen Ort, der seit drei Jahren seine Heimat war, mit einem feierlichen Gottesdienst und einem Empfang, verlassen. In unserem Interview verrät er alles Wissenswerte zum Ablauf der Wahl, zieht für sich Bilanz einer ereignisreichen Zeit.
Pater Andreas, in Rom kennen wir alle den weißen Rauch, der nach einer Papstwahl für Jubelstürme sorgt. Wie darf man sich eine Abtswahl in Maria Laach vorstellen? Gibt es ähnliche Rituale und Abläufe?
Pater Andreas (schmunzelnd): Nein so ein feierliches Prozedere haben wir hier natürlich nicht. Aber auch bei uns gibt es einen klaren Ablauf und Regeln: Im Kapitelsaal des Klosters findet die Wahl statt. Die wahlberechtigten Mitbrüder werden einzeln aufgerufen und dürfen den Raum erst verlassen, wenn alle abgestimmt haben und die Stimmen ausgezählt sind. Jeder Bruder gibt seine Stimme im Vertrauen auf den Heiligen Geist ab. Der Wahlzettel kommt in ein Gefäß, so dass jeder Bruder anonym abstimmen kann. Im Vorfeld der Wahl dürfen keine Absprachen stattfinden, jeder Bruder muss für sich selbst entscheiden, wer neues Oberhaupt werden soll. Um Abt zu werden, muss ein Bruder 2/3 aller Stimmen auf sich vereinen.
Welche Funktion hat der Abt in einem Kloster eigentlich?
Pater Andreas: Der Abt ist der Vorsteher eines Klosters. Es kommt von dem Wort Pater Familias, der Herrscher der Familie. Der Abt hat eine sehr starke Stellung in der Gemeinschaft mit vielen Rechten und Pflichten. Bei wichtigen Entscheidung muss er jedoch das Gremium einbinden bzw. hat es gegenüber gestellt. Wenn etwas wichtiges zu besprechen ist, soll der Konvent die gesamte Gemeinschaft einberufen: Dann muss der Abt zuhören und den Rat der Brüder seiner Brüder einholen - er soll allen Gehör geben und besonderen Wert auf die Meinungen der Jüngsten legen, weil Gott oft den Jüngeren Eingebungen gibt.
Wie lange bleibt der Abt nach seiner Wahl im Amt?
Pater Andreas: Im Vorfeld wird bestimmt, ob es eine Amtsdauer auf Lebenszeit, für zwölf Jahre oder bis zum 70. Lebensjahr ist.
Sie wurden nicht zum Abt gewählt, sondern von einem anderen Kloster aus abgeordnet, weil die Brüder sich damals nicht auf einen „Leitenden“ einigen konnten. Wie wurden Sie in Maria Laach aufgenommen? Welchen neuen Herausforderungen mussten Sie sich stellen?
Pater Andreas: Die Tatsache, dass ich damals zu dieser Aufgabe ja gesagt hatte, liegt daran, das ich gerne Dinge ausprobiere und mich Herausforderungen stelle. Kurz bevor man mich fragte, habe ich in einer Zeitschrift ein Interview vom Star-Architekten Daniel Liebeskind gelesen. Dort beschreibt er, dass ihm seine ehemalige Arbeit in seinem New Yorker Architektenbüro viel geboten habe: faszinierende Projekte, kompetente Mitarbeiter, hervorragende Bezahlung und vieles mehr. Warum habe er sich also dennoch für die Selbstständigkeit entschieden? „Es war zu früh für mich, um das perfekte Leben zu haben“, sagte Liebenskind. In seiner Lebenseinstellung müssten Dinge auch mal schwierig und herausfordernd sein – Scheitern und Risiko sind Teile des Lebens, die er nicht missen möchte. Dies war auch bei mir der Fall – die Tatsache, dass ich gerne auch mal Sachen mache, wo ich nicht genau weiß, wie diese enden. Die Aufnahme im Kloster war gut, ich habe zu keiner Zeit erlebt, dass meine Autorität in Frage gestellt wurde. Es gab natürlich auch Kritik und deutliche Hinweise, was nicht so gut läuft – doch der Ton oder Unterton war immer angemessen. Vom Konvent und allen anderen habe ich stets Vertrauen gespürt. Auch wenn ich bei der Einführung von Organisation und Struktur auch erst lernen musste.
Maria Laach wird oft als „politisches Kloster“ bezeichnet? Woher rührt das?
Pater Andreas: Die Außenkontakte sind für Maria Laach stets sehr wichtig gewesen, dieses Kloster war schon immer ein politisches Kloster, das unter der Beobachtung und dem Wohlwollen sehr vieler Augen steht. Daher möchte ich mich auch ausdrücklich bei dem Förderverein Maria Laach bedanken, der viele wichtige Projekte in Absprache mit der Geschäftsführung realisieren konnte.
Wie fällt Ihr persönliches Resümee zu den drei Jahren in Maria Laach aus?
Pater Andreas: Es war ganz offen gesprochen eine sehr schwierige und zugleich die wichtigste Zeit meines Lebens – sofern man dies selbst beurteilen kann. Die Tätigkeiten waren anspruchsvoll, komplex und vor allem teilweise völlig neu für mich. Ich musste mich mit sehr vielen Dingen beschäftigen, die es wirklich nur hier gibt und sonst in keinem anderen Kloster. Großer Raum hat das betriebswirtschaftliche Betreiben des Klosters eingenommen. Gleich zu Beginn wurde ich damit konfrontiert: „Wenn wir jetzt nichts tun, ist das Kloster in fünf Jahren pleite.“ Man kann sich vorstellen, wie man nach so einer Nachricht nachts schlafen kann. Ich habe daraufhin mit allen im Kloster sehr viel gesprochen und versucht eine gegenseitige und regelmäßige Kommunikation zu etablieren. Dabei floss deutlich mehr Zeit in diese weltlichen Fragen, statt in die Kommunitätsstudien – vor allem die kaufmännische Situation war so bedrängend, das diese gelöst werden musste. Gemeinsam mit dem langjährigen Geschäftsführer Thomas Schäfer und dem neuen Geschäftsführer Philipp Lohse konnten wir sehr gute und nachhaltige Konzepte entwickeln. Im Augenblick bekomme ich sehr viele Signale der Wertschätzung. Das lag auch daran, dass Maria Laach in einer Situation war, wo jeder Strohhalm ergriffen werden musste. Dies haben wir getan.
Was würden Sie als wichtigsten Meilenstein beschreiben, den Sie durch Ihr Wirken erreicht haben?
Pater Andreas: Was mir stets wichtig war und ist: Miteinander zu sprechen und voneinander zu lernen. Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil des Klosters und zugleich nicht selbstverständlich, sie musst ständig entwickelt und gepflegt werden. Zu Beginn haben uns sogar zwei Kommunikationstrainerinnen für eineinhalb Jahre begleitet, damit wir besser miteinander sprechen. Die Seminare und Treffen waren für alle Klosterbrüder verpflichtend, was anfangs nicht besonders gut ankam. Dies hat uns jedoch weitergebracht und funktioniert bis heute gut.. Die Individualität der einzelnen Mitbrüder ist in Maria Laach stets ausgeprägt, was an sich positiv ist, aber nur, wenn sie auch im Kollektiv funktioniert. Das mitbrüderliche Gespräche ist so gewachsen – genauso wie das gegenseitige Vertrauen.
Das Gespräch führten Burkhard Hau und Christian Thielen.